Mittwoch, 18. März 2009

Teil 2




Bye Bye Ruanda and Welcome back





Wieder zu hause... und wieder am Rennen

Hallo liebe Ruanda-Freiwillige, denen ich bis jetzt noch kein Lebenszeichen geschickt habe (das tut mir sehr leid!), und natürlich ein herzliches Hallo an alle "zu hause"-gebliebenen Freunde und Verwandten, an alle in Spanien oder in der Türkei befindlichen, in Holland, England, Österreich...

Ich bin wieder zu hause, diesmal in Deutschland. Vor über zwei Wochen habe ich Ruanda verlassen, und bin heim in die Kälte, den Regen und den hektischen Alltagsstress mit samt Immatrikulation, Wohnungs- bzw. WG-Suche, Stadtbesichtigung usw. gestolpert.
An einem verregneten, noch dunklen Montagmorgen bin ich in Frankfurt gelandet - zusammen mit einer wieder sehr ruhigen und schläfrigen Alma und natürlich Eva, mit der sich der Kreis für mich wieder geschlossen hat. Sie war es, die mich in meinen letzten Stunden in Deutschland und meinen ersten in Ruanda begleitet und mir ein Heim geboten hat, und sie ist es nun auch, die mich wieder zurück gebracht hat.
Nach ziemlich langer Wartezeit in der Gepäckausgabe kam ich endlich, fiel vielen ganz besonderen Menschen um den Hals, die extra um 5:50 Uhr am Flughafen standen, und war schrecklich glücklich sie alle nach so langer Zeit wieder zu sehen und mich sofort heimisch und geborgen zu fühlen - trotz Nieselregen und (für mich) frostigen Temperaturen.
Zu hause wartete ein wahnsinns Frühstück auf mich - mit allem, was das deutsche Herz begehrt. 50 (!) Brötchen (ich weiß bis heute nicht, was meine Mutter sich dabei dachte ;), Vanille-Schoko-Pudding, Käsekuchen, Obst und Gemüse, Käseplatte, Wurstaufschnitt... Nebenbei hatte meine kleine Schwester in einer wochendlangen Putzaktion mein Zimmer auf Vordermann gebracht und für ein kleines Wunder und mein Wohlbehagen gesorgt. Ich hatte ein wirklich richtig schönes Heimkommen, genau so wie man es sich wünscht - und bis heute geht es mir hier sehr gut, ich werde in vielen Momenten noch geschont und verwöhnt, und meine Bedenken "Heim zu kommen" lösten sich mehr oder weniger in Luft auf. Den ersten Tag verbrachte ich überwiegend essend und glücklich und irgendwann todmüde schlafend. Am nächsten wurde Wäsche gewaschen und mit Lari nach Mainz gefahren um bei HHN vorbei zu schauen.
Tja, und dann war eigentlich schon der 5. und ich erhielt meine sehnlich erwartete Zusage für Medizin in Tübingen. Ab da hieß es nur noch Immatrikulationsunterlagen sammeln, Behördenbescheide einfordern, bei Bank und Krankenkasse vorbeischauen, und stundenlang vor dem Computer "Wg-Gesucht" nach passenden Anzeigen durchforsten.
Die Zeit begann zu rennen und galoppiert bis heute an mir vorbei. Zwei lange Fahrten nach Tübingen und sieben Wohnungsbesichtigungen später, habe ich jetzt tatsächlich eine nette WG gefunden, die zentral liegt, mich dabei nicht ganz arm macht und mir den Einstieg in Tübingen hoffentlich erleichtern wird - aber ich habe ein ganz gutes Gefühl, und auf das soll man ja bekanntlich vertrauen.
"Friede, Freude, Eierkuchen" - oder nicht? Wenn ich jetzt auf meine zwei Wochen hier zurück in Deutschland schaue, kann ich mich nicht beschweren. Es geht mir gut, ich habe kein besonders starkes "Heim- und/oder Fernweh" - oder einfach noch nicht. Und ich bin so beschäftigt, dass ich eigentlich nicht wirklich zum Nachdenken und Grübeln - oder alleine schon zum Antworten auf zahlreiche Mails komme.
Doch genau da "liegt der Hund begraben". Ich habe es bis jetzt - selbst in diesem Moment, in dem ich diesen Blogeintrag verfasse - nicht geschafft zur Ruhe zu kommen, mich bei all den lieben und mir so wichtig gewordenen Menschen in Ruanda zu melden, mich mit meiner neuen Situation und der zurückgelassenen in Afrika auseinander zu setzen... und ich weiß nicht, ob ich nicht zu schnell bin. Ob ich mich nicht zu schnell wieder einlebe und so reibungslos und wunderbar "im System" funktioniere wie vorher. Heißt ein so schnelles Wieder-rein-Finden ja doch auch, dass man sich nicht so sehr verändert hat (muss man vielleicht auch nicht) oder viel mehr, dass einen dieses halbe Jahr nicht so grundsätzlich geprägt hat oder man eine stärkere Prägung selbst nicht zugelassen hat? Eine endgültige Antwort habe ich darauf noch nicht. Vielleicht zeigt sich so etwas wie Einfluss und Veränderung auch erst nach Wochen und Monaten, und dann auch nur in bestimmten Momenten oder speziellen Standpunkten und nicht in einer Veränderung der Gesamtpersönlichkeit.
Ein bisschen wehmütig und mulmig ist mir aber doch. Ich hoffe sehr, dass ich mich Ruanda gegenüber und vor allem den Menschen die dort geblieben sind, anders und intensiver verhalten werde als ich es die letzten zwei Wochen getan habe. Nicht, weil ich denke, dass es so sein sollte, sondern weil ich merke, dass sie mir trotz allem fehlen, und dass sie im letzten halben Jahr einen großen Teil meines Lebens und Alltags ausgemacht haben.
Puh, das klingt jetzt alles nach sehr viel Pathos. Und doch ist es so.

Meine Arbeit in Ruanda als Freiwillige bei HHN hat mir sehr viel gegeben und fast ausschließlich gut gefallen - mich aber vor allem in vielen Punkten sehr viel weiter gebracht. Sie hat mich über den "Tellerrand schauen" lassen und ein Land und einen kleinen Teil eines großen Kontinents ganz anders, intensiver und persönlicher wahrnehmen lassen als es von hier aus jemals möglich gewesen wäre. Dafür bin ich sehr dankbar - und ich weiß, dass das bleiben wird. Ebenso wie all die guten und weniger guten Erinnerungen und hoffentlich auch eine Menge Kontakte und begonnene Freundschaften.
Was jetzt kommt ist ganz neu, aufregend und ein bisschen beängstigend. Ich weiß nicht wie Tübingen und Medizin werden. Wen ich kennenlernen und was ich erleben werde. Wir werden sehen...

Was ich verspreche ist, dass ich weiterhin regelmäßig von mir hören lasse (ob ihr wollt oder nicht ;). Vielleicht dann nicht mehr unter "Milli in Ruanda", aber meine kleine, sehr viel begabtere Schwester wird wohl eine Möglichkeit finden in den Weiten des Internets...

@ Ruanda-Freiwillige: Ich habe euch nicht vergessen, ich melde mich baldmöglichst auch nochmal persönlich und hoffe sehr, dass es euch gut geht! Schreibt mir, mailt, ruft an, wann immer ihr Lust und Zeit habt! Ich freue mich immer.

Euch allen wünsche ich noch eine wunderbare Woche. Genießt eure Sonne oder euren Regen, euren Schnee (wie ich ab Sonntag :) oder einfach ein paar Minuten Ruhe und Zeit mit Freunden.

Alles Liebe und Gute, eure Milli aus Idstein