Freitag, 27. Februar 2009

Salsakurs in Kigali und meine letzte Woche in Ruanda

Guten Morgen ihr Lieben!

Hier ist er nun - einer der letzten Posts in diesem Milli in Ruanda - Blog. Denn in nicht mal mehr drei Tagen bin ich wieder zurück in Deutschland und meinem eigentlichen, anderen zu hause.
Wir haben Freitagvormittag, ich sitze widererwartend im Büro - eigentlich sollte ich in Save und Mbazi die letzten Interviews machen - und blicke einem grau-trüben wolkenverhangenen Himmel entgegen. Unser Modem oder was immer das ist piepst hysterisch vor sich hin und wird sich gleich verabschieden. Zwei Tische weiter läuft eine heiße Diskussion mit unserem Agronomen Richard, der mit seiner Vergesslichkeit oder Unzuverlässigkeit dafür gesorgt hat, dass heute keine Interviews mehr stattfinden. Die Kinder wurden nicht informiert... und wie das so ist, im Land der Tausend Hügel, findet man keinen, der nicht gefunden werden will.
Also Bürotag - auch nicht ganz schlecht, habe ich so doch zumindest Zeit die letzten Datein zu vervollständigen, auf Sticks zu packen und Eva und Leopold mit gesammelten Fotos, Listen, Mindmaps und Interviews zu überhäufen.
Eigentlich wollte ich schon längst geschrieben haben, von meinem letzten Wochenende in Kigali und einem wirklich lustigen Salsakurs, von unserem nun fertigen Haus, in das ich noch immer nicht umgezogen bin, von meinen drei Tagen Mwezi und Kindern, die zum ersten Mal eine Weiße gesehen haben, und ganz allgemein von meiner letzten Woche in Ruanda. Aber die Zeit hat mittlerweile zu galoppieren begonnen und ich bin froh, wenn ich mit meinen Packvorbereitungen fertig werde und ohne 10kg Übergepäck abheben kann.

Wenn ich so zurück schaue habe ich wirklich viel gesehen und besucht, was ich mir vorgenommen hatte - und eine ganze Menge erlebt. Ich war eine Woche in Uganda und dem Großstadtmoloch Kampala, ich war ein Wochenende in Burundi und habe die Salesianer in Ngozi besucht, ich war bei den beeindruckenden und faszinierenden Gorillas im Volcanopark, im Akagerapark auf Safari mit Alex und Fabian, am Kivusee mit Fischerbootstour und Hügelklettern, sogar noch im paradiesischen Zanzibar mit abenteuerlicher Bustour durch Tanzania... Was fehlt sind die Vulkane. Das habe ich nicht mehr geschafft, aber ich glaube (um mal wieder Urlaubsgerüchte zu zerstreuen), dass das ok so ist. Und so habe ich einen weiteren Grund mal wieder hierher zu kommen.
Fabian und seine Schwester, die seit letzter Woche mit Freund Stefan zu Besuch ist, wollten sich die lavaspeienden Riesen nicht entgehen lassen und haben sich Ende letzter Woche richtung Norden aufgemacht - vielleicht aus Sympathie zu mir oder einfach wegen schlechter Beziehung zu Petrus - klettern und bergsteigen waren sie schlussendlich auch nicht.
Am Samstagvormittag habe ich mich auf zu Sotratours und in die Hauptstadt Kigali gemacht, wo wir uns wiedertreffen wollten. Zusammen mit den Norwegerinnen und für mich Silvi, die ich schon so lange wiedersehen wollte. Und trotz des viel schnelleren Rhythmus in der Großstadt, hatte ich ein sehr entspanntes und schönes Wochenende! Gegen Mittag war ich mit Silvi zum Essen verabredet, später kamen Fabian, seine Schwester Julia und Stefan dazu. Der Nachmittag flog nur so vorbei und bald war es sechs und der Besuch des einzigen Salsakurses in Ruanda stand an.
In einer sehr schönen, sehr westlichen kleinen Tapasbar, die von einer superjungen Amerikanerin geleitet wird, haben wir zwei Stunden lang das Tanzbein geschwungen und wurden von Amy und ihrem amerikanischen Freund im Salsatanzen unterrichtet.
Sehr sehr lustig (ich kann sowas nur empfehlen!) und ich drehe jetzt sogar ein, zwei Figuren. Ein bisschen verrückt ist das Ganze schon, da war ich die ganze Zeit auf Linda in Nicaragua eifersüchtig, die die Tanzcafés sogar im Original vor der Nase hat, und jetzt tanze ich einen lateinamerikansichen Tanz im tiefsten Afrika. :)
Danach gings spanisch weiter - mit sehr leckerem, teurem Essen und einer stark gewachsenen Tischrunde - Norwegerinnen, ein Schwede, Belgier, Amis, Deutsche, Ruander...
Und wie´s der Zufall so will, traf ich sogar einen jungen Ami wieder, der mit uns zusammen im Bus nach Dar es Saalam saß - die Welt ist eben doch ein Dorf.
Wir feierten ein bisschen, eine der Norwegerinnen hatte Geburtstag und ist eine leidenschaftliche Salsatänzerin, tanzten ein bisschen und schliefen in einem - Lob an Fabian - wirklich netten, günstigen Guesthouse der Caritas mitten in Kigali.
Am nächsten Morgen gings verschlafen zum "Frühstücken" in den 24h-Supermarkt Nakumatt und für Fabian + Friends zusammen mit Siegmar, der geschäftlich in Kigali war, zurück nach Butare. Ich blieb noch ein bisschen, besuchte zum ersten Mal das sogar in Deutschland bekannte Bourboncafé (siehe Zeitartikel "Ruanda"), genoss einen wirklich guten Cappuccino und shoppte ne kleine Weile - ich muss ja was zum Mitbringen haben! Um halb drei gings dann auch für mich zurück.
Normalerweise dauert die Fahrt mit dem Bus 2-2,5h. Wie gesagt, normalerweise. Diesmal lag kurz hinter Kigali ein Laster quer über der Straße... bis wir endlich weiterkonnten - und von Wegräumen oder Abtransport kann keine Rede sein, wir fuhren einfach halb im Graben und mehr oder weniger auf zwei Rädern vorbei! - vergingen anderthalb Stunden.
Am Ende kam ich gut an, hatte ein Abenteuer mehr und endlich mal Zeit mich den vielen, vielen tollen Hörbüchern zu widmen, die ich mit mir herumtrage!

Tja, und dann war schon Montag und ich verschwand wieder für drei Tage hinter den sieben Bergen und im weit abgelegenen Mwezi. Leopold und ich besuchten unsere neuen Fahrrad-, Landwirtschafts-, Näh-, und Marktstandsassoziationen in Nyamasheke, die vor kurzem mit der Gemeinschaftsarbeit gegonnen haben und noch ganz voller Tatendrang stecken - hoffentlich bleiben sie so! In Mwezi haben wir die noch ausstehenden Interviews geführt und Fotos gemacht, und ich war ein letztes Mal Dorfattraktion für viele, viele kleine Primärschüler, die zum ersten Mal im Leben eine Weiße gesehen haben. Der Begriff "Menschentraube" ist für mich hier sehr viel gebräuchlicher und persönlicher geworden.
Am letzten Tag standen noch drei Assoziations- und Kinderfamilienbesuche an. Für mich war das wirklich gut, denn ich konnte mit eigenen Augen sehen, was aus den Feldern und dem gespendeten Saatgut geworden ist, wie sich die Assoziationen verändert haben und wie die Arbeit praktisch läuft. Auch wenn es schwierig bleibt und viel weniger geerntet wurde als angenommen, ich habe Kartoffeln gesehen, die vor zwei Monaten noch nicht da waren - ein bisschen was nützt es doch.

Ziemlich müde und kaputt kam ich Mittwochabend wieder nach Butare. Seit einer Woche bin ich dauermüde, habe Kopfschmerzen und wieder Magen-D. Probleme - so schließt sich der Kreis. Gestern habe ich dafür wirklich viel geschafft, inklusive zwei Tests für Malaria und Amöben im Health Centre - beide glücklicherweise negativ. Vielleicht ist es nur das Reisefieber...
Gestern also stand mein letzer Besuch im Krankenhaus an. Ich konnte nochmal in die Chirurgie und bei einer Hysterektomie zuschauen, sehr guten African Tea im Krankenhausrestaurant trinken und wurde morgens sogar von einer netten Ruanderin im Auto gefahren - Regen und Moto gespart :) Danach ging es einkaufen, auf den Markt mit meiner Näherin verhandeln, und nachmittags joggen.
Soweit meine Woche. Heute Abend steht Fabians, Christinas und meine Abschiedsparty an. Die ganzen Tage schon wird viel telefoniert und organisiert. Heute Nachmittag kommt die erste Wagenladung aus Kigali - das erste was ich mache, wenn ich heute aus dem Büro komme, ist ein Bettenlager ;)
Morgen werde ich hoffentlich ein bisschen ausschlafen können, die nächsten Packvorbereitungen treffen und ein letzes Mal durch Butare schlendern.
Am Sonntag dann gehts wieder in die Hauptstadt und zum Flughafen. Nach 6 Monaten Ruanda komme ich wieder nach Hause und gerade freue mich schon riesig darauf. Auf die Heimat, die mir hier erst so richtig als solche bewusst geworden ist, natürlich auf euch alle, auf meine Familie, auf den Schneematsch und die deutsche Pünktlichkeit.

Ich werde es bestimmt nicht mehr schaffen vor Abflug zu bloggen.
Also: Euch allen ein entspanntes, schönes Wochenende! Lasst es euch gut gehen und passt auf euch auf, dass ich euch auch wirklich alle nächste Woche oder zumindest bald darauf wiedersehen kann!

Alles erdenklich Gute, ein wahrscheinlich letztes Mal aus Ruanda - eure Milli

ps.: Wenn alles klappt, lande ich Montagmorgen um 5:50 Uhr mit Ethiopian Airlines (Terminal 1) in Frankfurt am Main.

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